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Wissenschaftler lösen einen rätselhaften Mord – 700 Jahre nachdem er geschah

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Forscher aus mehreren Ländern arbeiteten in der Untersuchung zusammen und kombinierten historische Forschung mit moderner Genetik, um einen Fall zu lösen, der über Generationen hinweg ungelöst geblieben war.

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Ein seit Langem diskutiertes archäologisches Rätsel ist in Budapest endlich gelöst worden, wo Forscher Skelettreste authentifiziert haben, die vor mehr als 100 Jahren entdeckt wurden.

Ein internationales Team hat bestätigt, dass die Knochen zu Béla, Herzog von Macsó, gehören – einer königlichen Persönlichkeit, die sowohl mit der Árpáden- als auch mit der Rurik-Dynastie verbunden war.

Wie alles begann

Nach Angaben des ELTE-Instituts für Biologie reicht die Geschichte bis ins Jahr 1915 zurück. Damals legten Ausgrabungen im Dominikanerkloster auf der Budapester Margareteninsel das Skelett eines jungen Mannes in der Sakristei frei.

Frühe Interpretationen – gestützt auf die Lage des Grabes, mittelalterliche Quellen und schwere Verletzungen an den Knochen – ließen Forscher vermuten, dass es sich um die Gebeine von Béla, Herzog von Macsó, handeln könnte.

Laut zeitgenössischen Chroniken, auf die sich die Studie bezieht, wurde Béla nach 1243 geboren und im Jahr 1272 getötet. Er war mütterlicherseits der Enkel von König Béla IV. und stammte väterlicherseits von der nordischen Rurik-Dynastie ab.

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Die Schwertwunden

Österreichische Berichte aus dem 13. Jahrhundert behaupteten, er sei von Ban Henrik „Kőszegi“ und dessen Komplizen ermordet worden. Zeitgenössische Erzählungen schildern zudem, wie seine Schwester Margit und seine Nichte Erzsébet den verstümmelten Körper bargen und zur Bestattung ins Kloster brachten.

In den Jahren nach der Entdeckung wurden die Knochen an den Anthropologen Lajos Bartucz von der Universität Budapest übergeben, der 23 Schwertwunden dokumentierte, darunter schwere Treffer am Schädel.

Seine Berichte aus den 1930er-Jahren waren die letzten öffentlichen Hinweise, bevor die Überreste verschwanden und für im Krieg verloren gehalten wurden.

Eine Wiederentdeckung und ein neues Team

Die Spur öffnete sich unerwartet im Jahr 2018 wieder, als postkraniale Knochen in einer Holzschachtel innerhalb der großen anthropologischen Sammlung des Ungarischen Naturkundemuseums auftauchten.

Der Schädel hingegen war separat in der Aurél-Török-Sammlung der ELTE erhalten geblieben.

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Im selben Jahr bildete ein Forscherteam unter der Leitung von Tamás Hajdu (ELTE) ein internationales Konsortium aus Anthropologen, Genetikern, Archäologen, Radiokohlenstoff-Spezialisten und weiteren Fachleuten.

Laut Abstract des wissenschaftlichen Artikels bestand ihre Aufgabe darin, zu klären, ob die Knochen tatsächlich zum Herzog gehörten, und die Umstände seines Todes mithilfe moderner Methoden zu rekonstruieren.

Das Projekt hat außergewöhnliche historische Bedeutung. Abgesehen von den gut dokumentierten Überresten von König Béla III. ist nach Angaben von Forschern kein anderes nahezu vollständiges Skelett aus der Árpáden-Dynastie bekannt.

Die Studie bietet zudem seltenen Zugang zu genetischem Material, das mit der Rurik-Linie verbunden ist. Teams aus Wien, Bologna, Helsinki, Harvard und mehreren ungarischen Institutionen waren an der Arbeit beteiligt.

Leben, Ernährung und Herkunft

Anthropologische Untersuchungen ergaben, dass der auf der Margareteninsel bestattete Mann Anfang zwanzig war – im Einklang mit Bélas dokumentiertem Todesalter. Erste Radiokarbonmessungen ergaben ein etwas früheres Datum als erwartet, weshalb zusätzliche Tests durchgeführt wurden.

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Laut der Studie zeigten Ergebnisse des Nuklearforschungsinstituts in Debrecen, dass ein hoher Konsum tierischer Proteine – darunter Fisch und möglicherweise Schalentiere, die von älteren Kohlenstoffquellen beeinflusst sind – einen bekannten Reservoir-Effekt verursacht hatte.

Die Analyse von Zahnstein ergab über tausend Mikrofossilien. Stärkekörner von Weizen und Gerste sowie hitzeveränderte Partikel deuten auf Mahlzeiten hin, die aus gekochtem Grieß und gebackenem Weizenbrot bestanden.

Strontiumisotopen-Analysen zeigten, dass die Person ihre frühe Kindheit im weiteren Karpatenbecken verbracht hatte. Das Muster stimmt mit der Region Vukovar–Syrmien überein – historisch Teil von Bélas Herrschaftsgebiet Macsó – bevor sie später vermutlich in Richtung des heutigen Budapest umzog.

Ein gewaltsames Ende neu untersucht

Forensische Spezialisten führten eine umfassende Neubewertung der Verletzungen durch, um Bélas letzte Momente zu rekonstruieren und sie mit mittelalterlichen Berichten abzugleichen.

Sie identifizierten 26 perimortale Wunden – neun am Schädel und 17 an anderen Körperstellen –, die während desselben Angriffs zugefügt wurden.

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Die Muster deuteten auf drei Angreifer hin: einen von vorn und zwei von den Seiten. Der Herzog scheint die Gefahr erkannt und versucht zu haben, sich zu verteidigen. Schnittspuren weisen auf zwei Waffentypen hin, vermutlich einen Säbel und ein Langschwert, und zeigen, dass er zur Tatzeit keine Rüstung trug.

Die rekonstruierte Abfolge begann mit ersten Schlägen gegen Kopf und Rumpf, gefolgt von tiefen Abwehrverletzungen, als er versuchte, den Angriff abzuwehren. Nachdem er zusammengebrochen war, versetzten die Täter ihm tödliche Hiebe gegen Kopf und Gesicht.

Forscher stellten fest, dass die Kombination aus heftiger Gewalt und zielgerichtetem Vorgehen sowohl emotionale Aggression als auch Planung erkennen lässt – ganz im Einklang mit historischen Berichten über seine Ermordung im November 1272.

Quellen: ELTE, Forensic Science International: Genetics, Science Daily

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