Das Gespräch, gefilmt vom ukrainischen Journalisten Dmytro Karpenko, überraschte sogar den Interviewer.
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Seit Jahrzehnten gelten die Familien der Soldaten als emotionaler Rückhalt der russischen Militärtradition.
Doch der Krieg in der Ukraine hat Risse offengelegt, die tief ins Privatleben reichen.
Ein kürzlich aufgezeichnetes Telefonat zwischen einem gefangenen russischen Soldaten und seinen Angehörigen zeigt, wie weit diese Spaltungen inzwischen gehen.
Ein Anruf nach Hause
Ukrainische Reporter erlauben gefangenen russischen Soldaten, während aufgezeichneter Interviews mit ihren Familien zu telefonieren.
Diese Momente führen oft zu unerwarteten Reaktionen – und dieser Fall war keine Ausnahme.
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Der Gefangene, ein 19-Jähriger, der in einem Waisenhaus aufwuchs, berichtete, er habe eine Mutter, die einmal – betrunken – versucht habe, ihn im Ofen zu verbrennen. Er sagte außerdem, er habe drei Brüder und zwei Schwestern.
Während des Gesprächs versuchte das Team, seine Schwester Katerina anzurufen.
Der Soldat hoffte, sie könne sich beim Einberufungsamt melden, um sicherzustellen, dass er offiziell als russischer Kriegsgefangener registriert wird.
Weigerung zu sprechen
Laut Medienbericht scheiterte der Anruf sofort.
Statt Katerina meldete sich ein männlicher Bekannter, der sich weigerte, das Telefon weiterzugeben. Er sagte, er verstehe nicht, warum sie mit einem Bruder sprechen solle, der vom „Feind“ gefangen gehalten werde.
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Mehrere Minuten lang versuchte der Journalist, ihn zu überreden, den Gefangenen mit seiner Schwester sprechen zu lassen.
Karpenko, der seit drei Jahren Kriegsgefangene interviewt, reagierte empört.
„Das ist verrückt. Unter 1.500 Gefangenen habe ich so etwas noch nie erlebt. Wenn ein Bruder sagt: ‚Gib das Telefon deiner Schwester‘, antwortet ein fremder Typ: ‚Nein!‘ Seid ihr wirklich Russen […]? Seid ihr überhaupt normal? Wenn euer Bruder oder eure Schwester irgendwo in Gefangenschaft wäre, würdet ihr nicht mit ihnen sprechen wollen?“ rief er.
Fassungslosigkeit auf beiden Seiten
Der Mann am Telefon zeigte sich seinerseits überrascht darüber, dass die Ukrainer dem Gefangenen überhaupt ein Telefonat ermöglichten.
„Gestern hat er noch auf euch geschossen – und heute sorgt ihr euch darum, dass er nicht mit seiner Schwester sprechen kann?“ sagte er lachend.
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Im Hintergrund war das Lachen einer Frau zu hören. Der Gefangene bestätigte, dass es seine Schwester sei.
Nachdem der Journalist das Gespräch beendet hatte, gab der Soldat zu, er sei „schockiert“ über die Reaktion seiner Familie.
Quellen: LA.LV, @dmytrokarpenko