Startseite Geschichte Hitlers Weihnachtskarten im Tagebuch eines ranghohen NS-Funktionärs entdeckt

Hitlers Weihnachtskarten im Tagebuch eines ranghohen NS-Funktionärs entdeckt

Hitlers Weihnachtskarten im Tagebuch eines ranghohen NS-Funktionärs entdeckt
My collection., Public domain, via Wikimedia Commons

Neue historische Funde verändern weiterhin das Verständnis des Dritten Reiches aus der Innenperspektive.

Gerade lesen andere

Persönliche Aufzeichnungen, die lange der Öffentlichkeit verborgen blieben, können zeigen, wie Ideologie im Alltag umgesetzt wurde.

Ein neu entdecktes Tagebuch bietet nun einen solchen Einblick aus dem innersten Machtkreis des NS-Regimes.

Ein privates Dokument

Ein ledergebundenes Tagebuch von Otto Telschow, einem hochrangigen NS-Funktionär und Weggefährten Adolf Hitlers, wurde authentifiziert und in das Stadtarchiv Lüneburg in Norddeutschland aufgenommen.

Das 75 Seiten umfassende Journal wurde in den Vereinigten Staaten entdeckt und später vom Stadtrat für rund 7.000 Euro erworben, wie lokale Behörden mitteilten.

Experten bestätigten nach Prüfung von Papier, Tinte, Einband und Handschrift die Echtheit des Tagebuchs, teilte das Archiv mit.

Lesen Sie auch

Telschow, ein überzeugter Nationalsozialist, begann die Aufzeichnungen im März 1941 im Alter von 65 Jahren.

Zwischen den Seiten befinden sich persönliche Weihnachtskarten, die Hitler ihm geschickt hatte und die sorgfältig aufbewahrt wurden.

Begegnungen mit Hitler

Zu den Einträgen gehören Schilderungen von Treffen mit dem NS-Führer.

In einer Passage notierte Telschow Hitlers körperlichen Zustand bei einem Treffen und schrieb: „Der Führer begrüßte uns mit der linken Hand, da seine rechte noch geschwollen ist. Aber wenn er spricht, ist er wie immer.“

Historiker sagen, solche Beobachtungen seien in privaten Quellen hochrangiger NS-Funktionäre selten, da deren innere Wahrnehmungen meist nur aus formellen Dokumenten bekannt sind.

Lesen Sie auch

Das Archiv erklärte, das Tagebuch solle veröffentlicht werden, um in Telschows eigenen Worten zu zeigen, wie Macht innerhalb des Regimes ausgeübt wurde.

Ausübung von Terror

Telschow war Gauleiter von Ost-Hannover, einem mächtigen regionalen Amt im heutigen Niedersachsen.

Im Tagebuch beschrieb er offen, wie er seine Autorität nutzte, um vermeintliche Gegner zu beseitigen, und sprach davon, Widersacher „beiseitezuschieben“.

Von Archivforschern zitierte Untersuchungen zeigen, dass er direkt an Entscheidungen beteiligt war, die zu zahlreichen Todesurteilen führten.

Die Einträge enthalten zudem antisemitische Tiraden und scharfe Urteile über rivalisierende NS-Funktionäre.

Lesen Sie auch

Neben dieser Brutalität hielt Telschow auch banale Details wie Tagesabläufe und das Wetter in Lüneburg fest und dokumentierte so Alltägliches neben Repression.

Offene Fragen

Historiker bezeichnen das Tagebuch als außergewöhnlich offen und als wertvolle Quelle für das Denken eines NS-Gauleiters. Es wirft zugleich ungeklärte Fragen auf, unter anderem zu Hinweisen auf Zwangsarbeit.

Ein von Forschern erwähnter Fall betrifft einen ukrainischen Zwangsarbeiter, der Telschow zugeteilt war und dessen weiteres Schicksal unbekannt ist.

Otto Telschow starb 1945 wenige Tage nach einem gescheiterten Suizidversuch.

Sein Tagebuch, so die Archivare, sei ein eindringliches Zeugnis dafür, wie Ideologie, Bürokratie und Gewalt ineinandergreifen konnten.

Lesen Sie auch

Quellen: Stadtarchiv Lüneburg, Mirror.