Da KI die Charts erobert, wird immer deutlicher: KI-Songs sind längst keine bloßen Internetkuriositäten mehr.
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KI-Songs sind längst keine bloßen Internetkuriositäten mehr. Sie steigen in die Charts ein, überschwemmen Streamingdienste und zwingen Plattenlabels dazu zu entscheiden, ob sie sie vor Gericht bekämpfen oder in ihr Geschäft integrieren sollen.
Das Ergebnis ist eine Musikwirtschaft, in der echte Künstler mit maschinell erzeugten Versionen ihrer selbst konkurrieren.
Algorithmische Hitmacher
Im November brachte der KI-Act Breaking Rust „Walk My Walk“ auf Platz eins der Billboard-Liste Country Digital Song Sales, mit mehr als 8 Millionen Spotify-Streams. Das Projektprofil zeigt einen rauen Cowboy, doch der Sänger ist synthetisch.
Blanco Brown, bekannt für seine Mischung aus Country und Rap, sagt, der Creator habe KI genutzt, um seinen Klang und Stil nachzuahmen. Er sagte der Associated Press: „Wenn jemand wie ich singen soll, dann sollte ich es sein.“
Fälle wie dieser zeigen, wie leicht KI-Werkzeuge Hits erzeugen können, die vertraut wirken und gleichzeitig verschleiern, wer die Musik tatsächlich gemacht hat.
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Labels ändern den Ton
Als KI-Tracks erstmals viral gingen, versuchten Labels, sie zu unterbinden. Universal Music Group drängte YouTube, einen Clip zu entfernen, in dem „Eminem“ über Katzen rappt, und Streamingdienste nahmen einen gefälschten Drake-und-The-Weeknd-Hit des anonymen Ghostwriter herunter.
Nun ändert sich die Strategie. Business Insider berichtet, dass Warner Music Group sich mit dem KI-Generator Suno geeinigt und eine Partnerschaft abgeschlossen hat, nachdem Tests gezeigt hatten, dass er Songs im Stil von ABBA und Chuck Berry erzeugen konnte. CEO Robert Kyncl nannte die Vereinbarung „einen Sieg für die kreative Community, der allen zugutekommt“.
Auch UMG hat seinen Urheberrechtsstreit mit Udio beigelegt und plant einen abonnementbasierten Dienst, der auf generativer KI und lizenzierten Katalogen aufbaut.
Aufmerksamkeit auf dem Spiel
KI-Unternehmen sehen sich in vielen Medienbereichen mit Klagen konfrontiert, weil sie auf urheberrechtlich geschütztem Material trainieren. Doch Labels sehen eine Chance, sich „zukunftssicher“ zu machen, sagt Chris Wares vom Berklee College of Music, der betont: „KI ist gekommen, um zu bleiben – sie ist transformativer Natur.“
Die Menge ist überwältigend. Deezer erklärte, dass täglich rund 20 000 vollständig KI-generierte Tracks hochgeladen wurden – fast ein Fünftel aller neuen Inhalte. Business Insider fand in diesem Jahr mindestens sechs KI- oder KI-unterstützte Songs in Billboard-Charts, während Projekte wie The Velvet Sundown Streams sammeln mit Bands, die offenbar nur als KI-Bilder existieren.
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Fans als Schöpfer
Das Versprechen lautet, neue fanproduzierte Musik zu schaffen, die dennoch Künstler vergüten kann – vorausgesetzt, sie stimmen zu, dass ihre Stimmen und ihr Abbild geklont werden. Doch jeder KI-Remix oder Mashup mit einer prominenten Stimme konkurriert mit dem eigenen Katalog des Künstlers.
„Der Grund, warum keine generative KI-Musik artist-first sein kann, ist, dass wir in einer endlichen Aufmerksamkeitsökonomie leben. Jede Minute, die man einem generativen KI-Track widmet, ist eine Minute weniger für die Musik eines Künstlers“, sagt Mark Mulligan von MIDiA. „Wir leben definitiv in einer Welt, in der immer mehr Konsumenten selbst kreativ werden – und das konkurriert mit der Unterhaltungszeit.“
Mulligan argumentiert, dass KI-Werkzeuge eine gemeinschaftlichere Beziehung zur Musik wieder öffnen könnten, wodurch Fans zu aktiven Mitgestaltern werden. „Wir erweitern den Trichter der Kreativität“, sagt er.
Einige Künstler wie Grimes experimentieren, indem sie Stimmklone lizenzieren. Andere, wie Brown, holen sich ihren Sound zurück – etwa mit seinem „Trailertrap“-Remix von „Walk My Walk“. Mit dem wachsenden KI-Output müssen sich Hörer zunehmend fragen, ob die Stimme in ihren Kopfhörern vom Künstler stammt, den sie lieben, oder von einem Algorithmus, der nach seinem Abbild trainiert wurde.
Quellen: Associated Press, Business Insider