Island, das einzige NATO-Mitglied ohne stehendes Militär, überdenkt seine Rolle in der regionalen Sicherheit – vor dem Hintergrund steigender globaler Spannungen, insbesondere in der Arktis.
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Das Inselstaat, das sich lange zur militärischen Neutralität bekannte, investiert nun verstärkt in die Verteidigung. Grund dafür sind wachsende Sorgen über russische U-Boot-Aktivitäten und sich wandelnde Beziehungen zwischen Europa und den Vereinigten Staaten.
Während andere nordische Länder – Schweden, Finnland, Norwegen und Dänemark – ihre Verteidigungszusammenarbeit intensivieren und auf mehr Unabhängigkeit von den USA hinarbeiten, wählt Island einen anderen Weg.
Wie das Wall Street Journal berichtet setzt Island weiterhin auf die NATO und Partnerschaften mit größeren Verbündeten.
Strategisch wichtiger Punkt im Nordatlantik
Obwohl Island 1949 Mitbegründer der NATO war, hat es bis heute keine Armee.
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Auch gehört es nicht zur Europäischen Union, ist jedoch durch Handel und Verteidigungskooperation eng mit Europa verbunden.
Einst vor allem für seinen Fischfang bekannt, hat sich Island dank seiner geothermischen und hydroelektrischen Ressourcen inzwischen auch zu einem Zentrum für grüne Energie und Technologie entwickelt.
Während des Kalten Krieges unterhielt die NATO einen Stützpunkt in Keflavík nahe der Hauptstadt Reykjavík, um sowjetische Schiffe zu überwachen.
Nach dem Abzug der US-Truppen im Jahr 2006 nahm die militärische Aktivität ab – bis sie 2014 wieder zunahm.
Der Stützpunkt wurde wiedereröffnet, und amerikanische Flugzeuge begannen erneut mit Patrouillenflügen. Europäische Kampfjets und NATO-Schiffe passieren inzwischen regelmäßig den isländischen Luftraum und nutzen isländische Häfen.
Islands Lage zwischen Grönland und Norwegen macht das Land zu einem wichtigen Kontrollpunkt für russische U-Boote, die vom Arktischen Ozean in den Atlantik vordringen wollen. Aufgrund der Form des Meeresbodens in dieser Region müssen die U-Boote näher an die Oberfläche kommen – was sie leichter auffindbar macht.
EU-Beitritt neu gedacht
Die veränderte sicherheitspolitische Rolle Islands hat neue Diskussionen über die Verteidigungsstrategie des Landes ausgelöst – und darüber, ob Island die Gespräche über einen EU-Beitritt wieder aufnehmen sollte.
Diese Gespräche wurden 2013 unterbrochen. Premierministerin Kristrún Frostadóttir kündigte jedoch an, bis 2027 ein Referendum über das Thema abhalten zu wollen.
„Es hat in Island nie eine öffentliche Unterstützung für eine Armee gegeben, und ich denke nicht, dass es sie in naher Zukunft geben wird“, sagte Frostadóttir. „Das bedeutet aber nicht, dass wir keine aktive Verteidigung und keine aktiven Allianzen haben können.“
Derzeit ist die isländische Küstenwache für die nationale Verteidigung zuständig.
Sie war früher hauptsächlich für Fischereipatrouillen verantwortlich, übernimmt heute aber eine größere Rolle, etwa bei der Verwaltung des Luftwaffenstützpunkts in Keflavík und bei der Organisation der Luftverteidigung.