Die wirtschaftlichen Folgen von Russlands Krieg gegen die Ukraine zeigen sich nicht nur in Waffenlieferungen und Sanktionen — sie sind auch in den Bilanzen Hunderter ausländischer Unternehmen eingraviert.
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Seit 2022 haben internationale Unternehmen Schätzungen zufolge rund 158 Milliarden Euro an Verlusten erlitten, nachdem sie versuchten, den russischen Markt zu verlassen oder unter neuen Einschränkungen weiterzuarbeiten.
Und doch, angesichts erster Anzeichen einer diplomatischen Entspannung, erwägen einige Firmen eine Rückkehr — ein Schritt, vor dem Analysten warnen, da er noch größere finanzielle und rechtliche Risiken mit sich bringen könnte.
Nach den Gräueltaten in Butscha, Irpin und anderen Vororten von Kiew Anfang 2022 zog sich eine Welle multinationaler Unternehmen vom russischen Markt zurück.
Doch wer glaubte, dies zu seinen eigenen Bedingungen tun zu können, wurde von Moskau eines Besseren belehrt.
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In den vergangenen drei Jahren hat Russland durch Enteignungen, Strafsteuern und Zwangsrabatte Milliarden von scheidenden westlichen Unternehmen abgeschöpft. Viele von ihnen erhielten nie auch nur einen Bruchteil ihrer ursprünglichen Investitionen zurück.
Eine teure Ausstiegsstrategie
Die Verluste sind enorm.
Laut einem Bericht der Kyiv School of Economics verloren ausländische Unternehmen etwa 155 Milliarden Euro durch Abschreibungen auf Vermögenswerte sowie weitere 2,8 Milliarden Euro durch sogenannte „Exit-Steuern“.
Die am stärksten betroffenen Länder:
- USA: ca. 42,8 Milliarden Euro
- Deutschland: ca. 41,4 Milliarden Euro
- Vereinigtes Königreich: ca. 32,6 Milliarden Euro
- Frankreich, Österreich, Finnland (zusammen): ca. 22,3 Milliarden Euro
Der Großteil dieser Verluste stammt von Energie- und Industriekonzernen.
- British Petroleum verlor schätzungsweise 23,7 Milliarden Euro
- Uniper: 20,5 Milliarden Euro
- ExxonMobil: 3,7 Milliarden Euro
Renault, Fortum und Société Générale traf es ebenfalls hart — oft wurden sie gezwungen, Vermögenswerte weit unter ihrem Marktwert zu verkaufen oder durften sie überhaupt nicht veräußern.
Das Kreml-Handbuch zur „zeitweiligen Verwaltung“
Was als freiwilliger Rückzug begann, entwickelte sich rasch zu einer staatlich gesteuerten Enteignung.
Im Jahr 2023 begann der Kreml damit, Vermögenswerte US-amerikanischer und europäischer Unternehmen an Rosimuschestwo zu übertragen — eine staatliche Behörde, die mit der „zeitweiligen Verwaltung“ betraut ist.
Während Russland behauptete, das Eigentum bleibe formal unangetastet, verloren die Unternehmen de facto jegliche Kontrolle.
Carlsberg und Danone sind zwei der prominentesten Beispiele.
Beide hatten lokale Käufer für ihre russischen Geschäftsbereiche gefunden. Beide Verkäufe wurden letztlich blockiert.
Carlsbergs Geschäft, einst über 1 Milliarde Euro wert, wurde für etwas über 300 Millionen Euro verkauft. Danones Vermögenswerte verloren über die Hälfte ihres Wertes, bevor ein Verkauf schließlich gestattet wurde.
Diese Verkäufe — oft an kremlnahe Unternehmen vermittelt — dienten sowohl politischen als auch wirtschaftlichen Zielen.
Sie führten nicht nur Kapital der russischen Kriegswirtschaft zu, sondern sollten auch nach außen hin wirtschaftliche Stabilität trotz internationaler Sanktionen demonstrieren.
Das Risiko einer Rückkehr
Trotz dieser schmerzlichen Erfahrungen haben jüngste Waffenstillstandsbestrebungen Spekulationen ausgelöst, dass westliche Unternehmen eine Rückkehr nach Russland in Erwägung ziehen könnten.
Doch Experten warnen: Das Umfeld ist heute noch volatiler als zuvor.
Die Gesetze, die Enteignungen ermöglichen, gelten weiterhin. Für Kapitaltransfers ins Ausland sind weiterhin Sondergenehmigungen erforderlich. Zusätzliche Gewinnsteuern können weiterhin rückwirkend verhängt werden. Und das geopolitische Klima bleibt hochgradig unberechenbar.
Selbst wenn die Kriegshandlungen nachlassen, dürfte der ausgelöste wirtschaftliche Nationalismus nicht verschwinden.
Laut der Kyiv School of Economics wurden mindestens 30 große Unternehmen faktisch enteignet. Viele davon dienen nun strategischen Interessen des russischen Staates — insbesondere im Energiesektor.
Bislang haben 481 Unternehmen Russland seit Kriegsbeginn vollständig verlassen.
Weitere 1.357 haben ihre Geschäftstätigkeit reduziert oder ausgesetzt — viele von ihnen bewegen sich weiterhin in einem unsicheren juristischen und finanziellen Umfeld.