Jens Asbjørn Bøgen
Nach seinen Erlebnissen im Ersten Weltkrieg sagte er: „Ehrlich gesagt, ich habe den Krieg genossen.“
Nach seinen Erlebnissen im Ersten Weltkrieg sagte er: „Ehrlich gesagt, ich habe den Krieg genossen.“
Wer ist der furchtloseste Krieger der Geschichte?
Das lässt sich schwer mit Gewissheit sagen – aber ein ausgesprochen guter Kandidat wäre Generalleutnant Sir Adrian Paul Ghislain Carton de Wiart.
Warum? Er überlebte sechs Kriege, fünf Flugzeugabstürze, floh aus einem Kriegsgefangenenlager durch einen Tunnel – und starb friedlich im Alter von 83 Jahren.
Irisch-belgische Wurzeln
Carton de Wiart wurde 1880 in Brüssel geboren – Sohn einer irischen Mutter und eines belgischen Vaters.
Sein Vater war ein angesehener Anwalt und wünschte sich, dass auch sein Sohn Jurist werde. Also wurde Adrian auf ein Internat im englischen Oxford geschickt.
Mit 20 in den Krieg
Allerdings besuchte er den Unterricht kaum – stattdessen plante er bereits seinen ersten Krieg.
Mit nur 20 Jahren trat er der britischen Armee bei, gab jedoch ein falsches Alter und einen falschen Namen an, um aufgenommen zu werden.
Er wurde in den Zweiten Burenkrieg nach Südafrika entsandt.
Erste Verwundungen
Schon früh im Krieg wurde Carton de Wiart schwer verletzt – im Bauch und in der Leistengegend – und zurück nach Hause geschickt.
Sein Vater war außer sich, als er erfuhr, dass sein Sohn in den Krieg gezogen war, statt zu studieren. Doch aus unerklärlichen Gründen durfte Carton de Wiart in der britischen Armee bleiben.
Nach Indien und wieder zurück nach Südafrika
Nach seinen Verwundungen entwickelte Carton de Wiart ein starkes Interesse an körperlicher Fitness: Laufen, Joggen und Sport wurden Teil seiner Routine.
1902 wurde er nach Indien versetzt, doch bereits 1904 ging es mit seinem Regiment zurück nach Südafrika.
Zum Briten geworden
Obwohl er bereits für die britische Armee kämpfte, war Carton de Wiart weiterhin belgischer Staatsbürger.
Das änderte sich 1907, als er dem britischen König die Treue schwor und die britische Staatsbürgerschaft annahm.
Erster Weltkrieg
Als der Erste Weltkrieg ausbrach, befand sich Carton de Wiart auf dem Weg nach Britisch-Somaliland, wo ein lokaler Konflikt gegen den sogenannten „Mad Mullah“ (Mohammed bin Abdullah) ausgetragen wurde.
Die Somaliland-Kampagne
Carton de Wiart kämpfte in Somaliland und wurde dort zweimal ins Gesicht geschossen – er verlor sein linkes Auge und einen Teil des Ohrs.
Die Westfront
Im Februar 1915 wurde er nach Frankreich geschickt, wo er erfolgreich drei Infanteriebataillone sowie später eine Brigade an der Westfront befehligte.
Sieben weitere Verwundungen
Während seiner Einsätze an der Front wurde Carton de Wiart insgesamt sieben Mal verwundet – am gravierendsten war der Verlust seiner linken Hand.
Berichten zufolge riss er sich selbst zwei verbleibende Finger ab, nachdem ein Arzt sich geweigert hatte, sie zu amputieren.
Die Polenmission
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Carton de Wiart zum Leiter der britisch-polnischen Militärmission in Polen ernannt.
Das neu gegründete Polen kämpfte gleichzeitig gegen Sowjetrussland, die Ukraine, Litauen und die Tschechoslowakei – also vier Kriege gleichzeitig.
Erste Flugzeugabstürze
Während seiner Zeit in Polen reiste Carton de Wiart hauptsächlich per Flugzeug – doch nach zwei Abstürzen bevorzugte er fortan den Zug.
Angriff durch die Rote Armee
1920 befand er sich an Bord eines Beobachtungszugs, als dieser von Kavallerieeinheiten der Roten Armee angegriffen wurde. Er verteidigte sich mit einem Revolver vom Trittbrett aus.
Berichten zufolge fiel er während des Angriffs von den Gleisen, konnte aber schnell wieder auf den Zug aufspringen.
Verehrt von den Polen
Für seine Verdienste im Kampf um die polnische Unabhängigkeit wurde Carton de Wiart von der polnischen Regierung mit einem Herrenhaus samt großem Landgut geehrt.
Zweiter Weltkrieg
Als der Zweite Weltkrieg begann, war Carton de Wiart fast 60 Jahre alt.
Er kehrte nach Großbritannien zurück und befand sich während der deutschen Invasion Norwegens an Bord eines Flugzeugs, das von einem deutschen Jagdflugzeug abgeschossen wurde.
Jugoslawien
Zurück in England, wurde er 1941 nach Jugoslawien geschickt, um beim Widerstand gegen die deutsche Invasion zu helfen.
Auf dem Weg dorthin erlitt sein Flugzeug einen Motorschaden – Carton de Wiart überlebte seinen vierten Flugzeugabsturz.
Gefangen in Italien
Nach seiner Notlandung wurde er von italienischen Truppen gefangen genommen und in ein Speziallager für ranghohe Offiziere gebracht.
Flucht durch einen Tunnel
In erstaunlicher Ausdauer grub Carton de Wiart in sieben Monaten einen Fluchttunnel – und entkam tatsächlich dem Gefangenenlager.
Er wurde jedoch bald wieder gefasst, aber 1943 freigelassen.
Die China-Mission
Zurück in England, entsandte ihn Premierminister Winston Churchill als persönlichen Repräsentanten nach China.
Die Jahre dort verliefen vergleichsweise ruhig. 1947 ging Carton de Wiart nach einem weiteren Flugzeugabsturz schließlich in den Ruhestand.
„Ich habe den Krieg genossen“
Carton de Wiart starb am 5. Juni 1963 im Alter von 83 Jahren.
In seinen Memoiren „Happy Odyssey“ schrieb er über den Ersten Weltkrieg:
„Ehrlich gesagt, ich habe den Krieg genossen.“