Serbien und Russland pflegen seit Jahren enge kulturelle und politische Beziehungen, geprägt von gemeinsamer Geschichte und dem Gefühl einer Partnerschaft in Zeiten der Spannung.
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Als der Krieg in der Ukraine begann, wurde Serbien zu einem wichtigen Zufluchtsort für Russen, die ihr Land verlassen wollten – angezogen von visafreiem Zugang und einer vertrauten sprachlichen Umgebung.
Doch während Serbien eine engere Integration in die Europäische Union anstrebt, wird das Gleichgewicht zwischen alten Bündnissen und neuen Verpflichtungen zunehmend kompliziert.
In dieser sich wandelnden Situation geraten viele Russen nun in ernsthafte Schwierigkeiten.
Einbürgerungsverfahren kommt zum Stillstand
Nach Angaben von Balkan Insight sind Dutzende russische und belarussische Staatsangehörige, die nach Kriegsausbruch Asyl in Serbien suchten, nun mit langen Verzögerungen bei der Einbürgerung konfrontiert.
Viele haben – wie es das serbische Gesetz verlangt – ihre russische Staatsbürgerschaft aufgegeben, doch ihre Anträge kommen nicht voran.
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Mindestens 32 Menschen sollen im System feststecken, unfähig zu reisen, zu arbeiten oder Dokumente zu erhalten.
Ohne Staatsbürgerschaft oder gültigen Pass sind sie faktisch staatenlos.
Eine Aktivistin beschrieb die Situation so, dass die Betroffenen „zu nichts in der Lage“ seien, ohne jegliche Aussicht auf eine baldige Lösung.
Persönliche Geschichten der Unsicherheit
Eine Betroffene, Nadeschda Siganschina, lebt seit 2017 in Novi Sad.
Sie gab ihre russische Staatsbürgerschaft auf, nachdem man ihr zugesichert hatte, ihr Antrag werde genehmigt. Mehr als ein Jahr später besitzt sie noch immer keine serbischen Dokumente.
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Eine Telegram-Gruppe der Betroffenen berichtete, dass Antragsteller aufgefordert wurden, ihre Pässe abzugeben, bevor sie irgendeine Bestätigung der Einbürgerung erhielten. Danach habe es keinerlei Rückmeldung gegeben.
Siganschina sagte: „Wir sind Einwanderer der ersten Generation. Das bedeutet, dass wir alle ältere Eltern und andere nahe Angehörige in unserem Herkunftsland haben, die uns möglicherweise dringend brauchen.“
Auch Journalisten und Wissenschaftler betroffen
Die Verzögerungen betreffen auch russische Journalisten und Wissenschaftler in Serbien. Michail Kowalenko, ein Wissenschaftsreporter, der seit über zehn Jahren im Land lebt, gab seinen Pass im Oktober 2023 ab.
Zwei Jahre später hat er noch immer keinen rechtlichen Status.
„Ich habe in Serbien keinen Zugang zu irgendwelchen Dokumenten“, sagte er. „Man kann nirgendwo hinreisen, man kann nicht offiziell angestellt werden; man kann keine elektronischen Behördendienste nutzen, weil man laut Stadtverwaltung gar nicht im System des Innenministeriums existiert.“
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Serbiens Regierung hat bislang nicht öffentlich auf die Berichte reagiert.
Analysten weisen darauf hin, dass Serbiens lange gewachsene Beziehungen zu Russland weiterhin bedeutend sind, zugleich aber der EU-Beitrittswunsch die Innenpolitik zunehmend prägt.
Im vergangenen Jahr stellte Serbien lediglich 188 Pässe für russische Staatsbürger aus – ein drastischer Rückgang im Vergleich zu früheren Jahren.
Quellen: Balkan Insight, Daily Star