Eine sicherheitspolitische Studie aus Schweden richtet den Blick auf ein Spannungsfeld jenseits klassischer Militärfragen. Im Mittelpunkt steht die politische Nutzung und Umdeutung von Finnlands Rolle im Zweiten Weltkrieg durch Russland, insbesondere bei der Darstellung des Krieges gegen die Sowjetunion und von Finnlands Verhältnis zu Nazi-Deutschland.
Die Analyse ordnet diese Narrative in einen außen- und sicherheitspolitischen Kontext ein.
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Nach Angaben des finnischen Senders Yle stützt sich der Bericht auf Untersuchungen der schwedischen Behörde für psychologische Verteidigung. Autor ist der Sicherheitsexperte Patrik Oksanen. Die Behörde ist Teil der schwedischen Gesamtverteidigung und befasst sich mit Desinformation und Einflussoperationen.
Die Analyse zeigt auf, dass russische Darstellungen von Finnlands Rolle im Zweiten Weltkrieg gezielt politisiert werden. Ziel sei es, Finnland mit Blick auf Nato und Ukraine zu diskreditieren und außenpolitischen Druck aufzubauen.
Zeichen im öffentlichen Raum
Zur Begründung verweist die Studie auf eine Vielzahl dokumentierter Vorfälle im laufenden Jahr. Wie Yle berichtet, reichen diese von symbolischen Provokationen an Gedenkorten bis zu gezielten Störungen von Erinnerungsveranstaltungen.
Die Analyse fasst diese Ereignisse nicht als Einzelfälle auf. Vielmehr wird ein Muster beschrieben, bei dem sichtbare Zeichen im öffentlichen Raum genutzt werden, um emotionale Reaktionen auszulösen und Deutungen zu verfestigen. Die Studie ordnet diese Vorgänge Formen hybrider Einflussnahme Russlands zu.
Rhetorik auf Regierungsebene
Laut dem Bericht beschränken sich diese Narrative nicht auf die gesellschaftliche Ebene. Aussagen russischer Regierungsvertreter hätten die Deutungen aufgegriffen und international verbreitet.
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Yle verweist dabei unter anderem auf Äußerungen von Außenminister Sergej Lawrow sowie weiteren Vertretern der russischen Führung, die Finnland historisch schwer belasten.
Unabhängige Historiker betonen regelmäßig, dass Finnlands Rolle im Zweiten Weltkrieg differenziert betrachtet werden müsse. Vereinfachende Zuschreibungen seien historisch nicht haltbar, spielten politisch jedoch weiterhin eine Rolle.
Bedeutung für Partner
Die Studie zieht Parallelen zu früheren russischen Kommunikationsmustern gegenüber der Ukraine und den baltischen Staaten. Anders als dort werde Finnlands staatliche Existenz nicht infrage gestellt.
Stattdessen richte sich der Fokus auf Glaubwürdigkeit und internationales Ansehen, insbesondere im Zusammenhang mit der Nato-Mitgliedschaft und der Unterstützung der Ukraine.
Für Finnlands Partner in der EU und Nato könne dies relevant sein, da historische Vorwürfe politische Entscheidungsprozesse indirekt beeinflussen sollen.
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Geschichte und Macht
In der Analyse wird Geschichte als Teil moderner Sicherheitsstrategien beschrieben. In autoritären Systemen diene sie dazu, politische Ziele zu legitimieren und die eigene Bevölkerung zu mobilisieren.
Der Bericht greift dabei einen bekannten Gedanken George Orwells auf, wonach Kontrolle über die Vergangenheit Einfluss auf die Zukunft ermögliche. Diese Lesart ist eine sicherheitspolitische Interpretation, keine historische Bewertung.
Offene Fragen
Als Reaktion empfiehlt die Studie eine enge Abstimmung Finnlands mit nordischen und baltischen Staaten, faktenbasierte Kommunikation und rechtliche Klarstellungen.
Darüber hinaus wird betont, dass langfristige Investitionen in Bildung, Forschung und öffentliche Geschichtsvermittlung entscheidend seien.
Ob diese Maßnahmen ausreichen, um politisch motivierten Geschichtsnarrativen dauerhaft entgegenzutreten, bleibt letztlich eine offene Frage für Finnland und seine Partner.
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Quelle: Yle