Seit dem Beginn der groß angelegten Invasion in der Ukraine hat Russland wiederholt mit nuklearer Eskalation gedroht.
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Dennoch ist einer der strategisch wichtigsten Wirtschaftszweige Moskaus weitgehend von umfassenden westlichen Strafmaßnahmen verschont geblieben.
Russlands Nuklearsektor, dominiert vom staatlichen Konzern Rosatom, operiert weiterhin weltweit trotz seiner engen Verbindungen zum Kreml und zum Krieg.
Eine geschützte Branche
Rosatom steht im Zentrum des russischen militärisch-industriellen Komplexes und ist zugleich ein bedeutender ziviler Exporteur.
Laut The Kyiv Independent kontrolliert das Unternehmen nahezu die Hälfte der weltweiten Urananreicherungskapazitäten und ist der führende Exporteur von Kernreaktoren und nuklearem Brennstoff.
Obwohl die Einnahmen aus dem Nuklearexport geringer sind als die aus Öl und Gas, betonen Analysten den deutlich höheren strategischen Wert des Sektors.
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Der Kreml hebt Rosatoms Rolle in Bereichen von Seltenen Erden bis hin zu nuklear betriebenen Eisbrechern hervor.
Trotzdem haben die USA, die EU und Großbritannien bislang darauf verzichtet, umfassende Blockadesanktionen gegen Rosatom selbst zu verhängen.
Krieg und Reaktoren
Russland griff ukrainische Nuklearanlagen bereits in den ersten Tagen der Invasion im Februar 2022 an. Das Kernkraftwerk Saporischschja, das größte Europas, wurde besetzt und steht weiterhin unter Kontrolle von Rosatom.
Die Internationale Atomenergie-Organisation bezeichnete die Lage dort als „sehr prekär“.
Analysten des Royal United Services Institute warnten, dass die fortgesetzte russische Kontrolle langfristige Risiken für Europa berge.
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Rosatom wird mit Übergriffen in besetzten Anlagen in Verbindung gebracht, doch die Sanktionen beschränken sich bislang auf einzelne Tochterfirmen und Personen.
Abhängigkeit Europas
Europas Abhängigkeit von russischem Nuklearbrennstoff erschwert härtere Maßnahmen. Rund ein Fünftel der Reaktoren in der EU stammt aus der Sowjetzeit und benötigt spezielle Brennelemente von Rosatom.
Nach Angaben der Bellona Environmental Foundation verdoppelten sich die EU-Importe von russischem Nuklearbrennstoff im Jahr 2023, da Betreiber Vorräte aufbauten, bevor sie 2024 wieder zurückgingen.
In beiden Jahren gab der Staatenverbund jährlich rund 1 Milliarde Euro für russisches Uran aus.
„Ein umfassendes Verbot würde eine schnelle, kostspielige und politisch schmerzhafte Beschaffung erzwingen“, sagte der Sanktionsexperte George Voloshin.
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Washingtons Dilemma
Auch die USA waren stark von russischem angereichertem Uran abhängig. Die Importe wurden im August 2024 formell verboten, doch Ausnahmeregelungen erlauben weitere Käufe bis 2028, um Versorgungsengpässe zu vermeiden.
Präsident Donald Trump hat angekündigt, die amerikanische Nuklearindustrie wieder aufzubauen, die Sanktionen gegen Rosatom jedoch nicht verschärft.
„Alle Russland-bezogenen Sanktionen und Genehmigungen bleiben in Kraft“, erklärte ein Sprecher des US-Außenministeriums.
Voloshin sagte, die wirkungsvollste Maßnahme wären Blockadesanktionen gegen Rosatom selbst, die den Konzern vom globalen Finanzsystem abschneiden und ihn „lähmen“ würden.
Vorerst expandiert Rosatom weiter im Ausland und erzielte 2024 trotz des andauernden Krieges rund 16 Milliarden Euro aus internationalen Projekten.
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Quellen: The Kyiv Independent, Bellona Environmental Foundation, IAEA, RUSI