Öffentlicher Widerspruch gegenüber dem Kreml ist in Russland zunehmend selten geworden, besonders seit Beginn des Krieges in der Ukraine.
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Kulturschaffende, die früher öffentliche Debatten prägten, meiden heute meist politische Konfrontation, wohl wissend um die damit verbundenen Risiken.
Deshalb stechen spontane kritische Äußerungen besonders hervor, vor allem wenn sie in staatlich kontrollierten Foren fallen.
Unerwarteter Einspruch
Alexander Sokurov, einer der international bekanntesten russischen Regisseure, kritisierte Wladimir Putin während einer im Fernsehen übertragenen Sitzung des Präsidialrats für Zivilgesellschaft und Menschenrechte scharf.
An der Sitzung nahm der russische Präsident per Video teil; sie wird normalerweise streng gesteuert, um jede Form von Widerspruch zu unterbinden.
Sokurov ist für Filme wie Russian Ark und Faust bekannt; letzterer gewann den Goldenen Löwen der Filmfestspiele von Venedig.
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Seine Bemerkungen erregten wegen ihres ungewöhnlich direkten Tons sofortige Aufmerksamkeit.
„Foreign Agent“-Gesetz
In seiner Rede verurteilte Sokurov Russlands sogenanntes Gesetz über „ausländische Agenten“, das dazu dient, Personen und Organisationen ins Visier zu nehmen, die vom Staat als feindlich eingestuft werden.
„Jede Woche beobachten wir mit Sorge, wer zum ausländischen Agenten erklärt wird oder wie diese erschreckenden Bezeichnungen angewendet werden“, sagte er.
„Man nennt einfach Namen, erhebt irgendwelche Vorwürfe gegen eine Person – und das war’s, alles ist vorbei.“
Nach russischem Recht müssen als ausländische Agenten eingestufte Personen detaillierte Finanzberichte einreichen und Veröffentlichungen mit offiziellen Hinweisen kennzeichnen.
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Zensur und die Jugend
Sokurov kritisierte auch die zunehmenden Einschränkungen der öffentlichen Debatte und argumentierte, dass es dem Land an offenem politischem Dialog mit jüngeren Generationen fehle.
Er sagte, Russland wisse nicht, wie man ehrlich mit Studierenden und Schulkindern spreche, und deutete an, dass der Staat solche Gespräche fürchte.
„Wenn wir nicht ändern, wie wir mit jungen Menschen arbeiten, kommen wir nicht weit“, warnte er. „Es wird ein kompletter Holzweg sein, ein absoluter Rückschritt des gesamten Staatssystems.“
Putin wirkte sichtbar unbeeindruckt, während der Regisseur sprach.
Abschließende Rüge
Zum Ende seiner Rede bezog sich Sokurov auf eine frühere Aussage Putins über Russlands Rolle in der Welt.
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„Sie sagten einmal: ‚Warum brauchen wir eine Welt, wenn es darin kein Russland gibt?‘“, sagte er. „Warum brauchen wir einen Staat, in dem es keine Möglichkeit gibt, eine Ausbildung zu erhalten?“
Der Austausch wurde weit verbreitet, und viele Beobachter betonten, wie selten derart offene Kritik bei vom Kreml ausgerichteten Veranstaltungen zu hören ist.
Quellen: Russische Staatsübertragung, Express.