Frankreich steht vor einer entscheidenden Wahlperiode, die das politische Leben der Republik nachhaltig verändern könnte.
Die bevorstehenden vorgezogenen Parlamentswahlen werden von vielen als eine historische Entscheidungswahl betrachtet, bei der die Franzosen eine ungewöhnlich hohe Bereitschaft zeigen, ihre Stimme abzugeben.
Laut einer Umfrage von Ipsos für Radio France und Le Parisien liegt die Wahlbeteiligung bei voraussichtlich 62 Prozent, 15 Prozentpunkte mehr als vor zwei Jahren.
Mehr als eine Million Franzosen haben bereits Vollmachten ausgefüllt, damit eine vertrauenswürdige Person an ihrer Stelle wählen kann, was einen neuen Rekord darstellt.
Die Umfragen zeigen ein gespaltenes Bild der politischen Landschaft: Der rechtsextreme Rassemblement National von Marine Le Pen liegt bei 31,5 Prozent, ähnlich wie bei der Europawahl.
Zusammen mit den Unterstützern des bisherigen Präsidenten der Républicains, Éric Ciotti, könnte dieses Bündnis auf 35,5 Prozent kommen.
Das linke Bündnis „Nouveau Front populaire“ liegt bei 29,5 Prozent. Präsident Emmanuel Macrons Lager „Ensemble“ wird hingegen nur auf 19,5 Prozent geschätzt, so die Süddeutsche Zeitung.
Im zweiten Wahlgang, der taktische Überlegungen stärker betont, könnten viele triangulaires entstehen, bei denen drei Kandidaten in den zweiten Wahlgang gelangen. Dies könnte die Wahlprognosen weiter verkomplizieren.
Sollte sich die öffentliche Meinung nicht zugunsten von Macrons Lager ändern, droht ihm der Verlust der Mehrheit in der Assemblée Nationale.
Macron warnt vor der Gefahr der Extremisten und versucht, moderate Wähler zu gewinnen. Seine Strategie könnte jedoch daran scheitern, dass viele Linke unzufrieden mit seinem nach rechts verschobenen Kurs sind.
Sollten die Lepenisten eine absolute Mehrheit gewinnen, könnten sie den Premierminister stellen, was zu einer cohabitation führen würde, einer Regierung aus Präsident und Premierminister unterschiedlicher politischer Lager.
Es bleibt unklar, was passiert, wenn kein Lager eine absolute Mehrheit erreicht. Mögliche Szenarien reichen von der Bildung eines Expertenkabinetts bis hin zu vorzeitigen Präsidentschaftswahlen.