Kannibalismus in der Eiszeit: Menschen in Europa verzehrten ihre Toten

Amalie L.

1 Woche vor

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10/02/2025
Wissenschaft
Foto: Shutterstock
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Eine bahnbrechende Entdeckung in Polen deutet darauf hin, dass Menschen Kannibalismus praktizierten.

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Wissenschaftler haben in der Maszycha-Höhle in Polen überzeugende Beweise für prähistorischen Kannibalismus entdeckt.

Ein internationales Forscherteam machte die Entdeckung und enthüllte, dass Menschen der Magdalénien-Kultur vor fast 18.000 Jahren ihre Artgenossen verzehrten. Diese neuen Erkenntnisse stellen bisherige Annahmen über Bestattungsrituale und Überlebensstrategien während der letzten Eiszeit infrage.

Die in Scientific Reports veröffentlichte Studie wurde durch fortschrittliche 3D-Mikroskopie-Techniken ermöglicht. Diese erlaubten es den Wissenschaftlern, 63 in der Höhle gefundene Knochenfragmente genau zu untersuchen. Die Überreste, darunter Schädel und lange Röhrenknochen, wiesen deutliche Spuren von Zerlegung auf, darunter Schnittspuren, Brüche und Hinweise auf die Entnahme von Muskelfleisch und Knochenmark.

„Die Position und Häufigkeit der Schnittspuren sowie das bewusste Zerbrechen des Skeletts zeigen eindeutig, dass die Körper als Nahrungsquelle genutzt wurden. Dies schließt die Hypothese einer Bestattung ohne Verzehr aus“, erklärte Francesc Marginedas, Hauptautor der Studie, gegenüber WP Tech.

Warum griffen prähistorische Menschen auf Kannibalismus zurück?

Koautorin Palmira Saladié vermutet, dass der Kannibalismus unter den Magdalénien-Menschen verschiedene Ursachen hatte, darunter Überlebensnotwendigkeiten, rituelle Praktiken oder zwischenmenschliche Gewalt.

„Kannibalismus ist ein Verhalten, das in verschiedenen Epochen der menschlichen Evolution dokumentiert wurde. In einem prähistorischen Kontext könnte er eine Reaktion auf Überlebensnot, rituelle Bräuche oder sogar auf gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Gruppen gewesen sein“, erklärte Saladié.

Eine Theorie besagt, dass die Bevölkerungszunahme nach dem Höhepunkt der letzten Eiszeit zu einem verstärkten Wettbewerb um Ressourcen führte, was möglicherweise kannibalistische Konflikte auslöste. Eine andere Möglichkeit ist, dass der Verzehr von Toten – sei es von Verwandten oder Feinden – Teil ritueller Traditionen unter den eiszeitlichen Jägern und Sammlern war.

Die Entdeckung in der Maszycha-Höhle ist eine von nur fünf bekannten Stätten in Europa, die Hinweise auf Kannibalismus in der Magdalénien-Zeit liefern.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Verzehr von Menschenfleisch kein isoliertes Ereignis war, sondern ein fester Bestandteil ihrer Kultur.