Regierung will Bundeswehr mit Freiwilligen stärken
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Kabinett vor Wehrdienst-Wende

Nach monatelangem Streit zwischen SPD und Union steht die Bundesregierung kurz vor einer Einigung. Schon heute könnte das Kabinett den Gesetzentwurf von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zur Reform des Wehrdiensts beschließen – ein möglicher Wendepunkt in der deutschen Sicherheitspolitik.
Ziel: Die Bundeswehr soll wieder wachsen – von aktuell 183.000 auf 260.000 Soldaten plus 200.000 Reservisten. Doch bisher mangelt es an Freiwilligen.
Das berichtet Bild.
Warum ein neuer Wehrdienst überhaupt nötig ist

Jahrelang hat die Bundeswehr Nachwuchsprobleme. Die Zahl der Bewerbungen bleibt deutlich hinter dem Bedarf zurück – und das in einer Zeit zunehmender globaler Unsicherheit.
Das neue Modell soll helfen, geeignete junge Menschen früh zu identifizieren – und gleichzeitig den Dienst attraktiver machen.
So soll das neue System funktionieren

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Ab dem 1. Januar 2026 müssen alle 18-jährigen Männer online einen Fragebogen zu Interessen, Fitness und Fähigkeiten ausfüllen. Für Frauen bleibt die Teilnahme freiwillig.
Wer geeignet erscheint, wird zur Musterung eingeladen – ab dem 1. Juli 2027 ist diese für Männer verpflichtend. Rund 200.000 sollen jedes Jahr untersucht werden – je rund sechs Stunden pro Person. Wer sich der Befragung oder Musterung entzieht, muss mit einem Bußgeld rechnen.
So will der Staat Freiwillige locken

Vor allem über Geld und Vorteile: Wer sich freiwillig für den Wehrdienst meldet, soll künftig als Soldat auf Zeit deutlich mehr verdienen – rund 2.700 Euro brutto statt bisher 1.840 Euro. Netto bleiben ca. 2.321 Euro übrig.
Dazu kommen kostenlose Unterkunft, Verpflegung, Bahnfahrten und medizinische Versorgung. Wer sich für mindestens 12 Monate verpflichtet, erhält bis zu 3.500 Euro Zuschuss zum Führerschein.
Und: Wer seinen Dienst verlängert, bekommt pro zusätzlichem Monat 150 Euro extra.
Mit wie vielen Freiwilligen rechnet die Regierung?

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Im ersten Jahr peilt das Verteidigungsministerium 20.000 Freiwillige an. Bis 2030 soll die Zahl auf 38.000 steigen.
Nach dem Dienst werden alle automatisch Reservisten – oder, so die Hoffnung, entscheiden sich manche für eine Karriere als Berufssoldat.
Was kostet das alles?

Schon im kommenden Jahr rechnet die Regierung mit Kosten von 495 Millionen Euro. Bis 2029 könnten sich die jährlichen Ausgaben auf 849 Millionen Euro erhöhen.
Ein teurer Schritt – doch ohne ihn, so argumentieren viele, droht der Bundeswehr die Einsatzfähigkeit verloren zu gehen.
Pflichtdienst endgültig vom Tisch? Nicht ganz

Zwar setzt das neue Gesetz zunächst auf Freiwilligkeit. Aber: Wenn sich zu wenige melden, kann der Bundestag beschließen, junge Männer verpflichtend einzuziehen.
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Genau darüber streiten sich SPD und Union.
CDU fordert automatische Pflicht

Thomas Röwekamp (CDU), Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, hält das Freiwilligenmodell für zu schwach.
„Uns fehlen über 80.000 Berufs- und Zeitsoldaten sowie 140.000 Reservisten – das schaffen wir nicht allein durch Freiwilligkeit“, sagte er BILD.
Er fordert: Wenn die Ziele verfehlt werden, soll automatisch ein Pflichtdienst greifen – ohne dass der Bundestag erneut zustimmen muss.
SPD hält an Freiwilligkeit fest

SPD-Chef und Vizekanzler Lars Klingbeil lehnt das strikt ab. Er verweist auf Gespräche mit Schülern in seinem Wahlkreis: „Alle haben mir gesagt, sie wollen gerne zur Bundeswehr und ihren Dienst für das Land leisten.“
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Für Klingbeil ist klar: Freiwilligkeit sei der richtige Weg – zumindest jetzt.