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Fluchen als Leistungsbooster

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Beim Sport, unter Stress oder bei Schmerzen rutschen vielen Menschen unwillkürlich Schimpfwörter heraus. Lange galten sie als Zeichen mangelnder Kontrolle. Inzwischen befassen sich Forschende jedoch ernsthaft mit der Frage, ob solche verbalen Ausbrüche unter bestimmten Bedingungen sogar nützlich sein können.

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Neue Studien und Einordnungen aus der Wissenschaft deuten darauf hin, dass Sprache kurzfristig Einfluss auf Leistung und Durchhaltevermögen haben kann.

Sprache unter Druck

In belastenden Situationen greifen Menschen oft auf besonders emotionale Worte zurück. Sprachforscher sehen darin keinen Zufall, sondern eine Reaktion des Gehirns auf Überforderung oder Schmerz.

Laut einem Bericht der Welt, die sich auf die dpa und eine im Fachjournal American Psychologist veröffentlichte Studie stützt, hat ein Forschungsteam aus Großbritannien und den USA diesen Effekt gezielt im sportlichen Kontext untersucht.

Ziel war es zu prüfen, ob Fluchen messbare Auswirkungen auf körperliche Belastbarkeit hat.

Ein Versuch, viele Fragen

In Laborversuchen absolvierten 192 Teilnehmende eine einfache, aber anstrengende Übung. Währenddessen wiederholten sie entweder neutrale Begriffe oder selbst gewählte Schimpfwörter.

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Die Auswertung zeigte laut Studie, dass die fluchende Gruppe länger durchhielt. Die Forschenden verweisen darauf, dass solche standardisierten Tests bewusst gewählt werden, um mentale Einflüsse unter kontrollierten Bedingungen sichtbar zu machen.

Gleichzeitig bilden sie reale Belastungssituationen nur eingeschränkt ab, etwa komplexe Wettkämpfe oder Gruppendynamiken.

Mentale Mechanismen

Ergänzende Befragungen nach dem Versuch deuteten darauf hin, dass nicht Aggression, sondern Fokus entscheidend war. Teilnehmende berichteten von höherer Konzentration, mehr Selbstvertrauen und geringerer Ablenkung.

Diese Faktoren werden in der Psychologie häufig mit dem sogenannten Flow-Zustand in Verbindung gebracht. Die Forschenden sehen darin einen möglichen Schlüssel zur Leistungssteigerung.

Humor oder bloße Erheiterung spielten dagegen keine erkennbare Rolle.

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Einordnung aus der Forschung

„Fluchen ist buchstäblich ein kalorienfreies, nichtmedikamentöses, kostengünstiges und leicht verfügbares Mittel, das uns zur Verfügung steht, wenn wir einen Leistungsschub brauchen“, sagte Studienautor Richard Stephens laut einer Mitteilung der University of Keele, wie die Welt berichtet.

National Geographic ordnet solche Befunde breiter ein. Dort wird darauf verwiesen, dass Schimpfwörter emotional besonders stark verankert sind und deshalb auch soziale Funktionen erfüllen können, etwa beim Aufbau von Nähe oder Vertrauen.

Gleichzeitig weisen Experten darauf hin, dass kulturelle Normen entscheidend sind. Was im Sport akzeptiert wird, kann am Arbeitsplatz oder in der Öffentlichkeit als Regelbruch gelten.

Offene Debatte

Das Autorenteam der Studie aus dem Fachjournal American Psychologist will nun prüfen, ob sich ähnliche Effekte auch bei mentalen Herausforderungen zeigen. Co-Autor Nicholas Washmuth von der University of Alabama in Huntsville erklärte, man untersuche derzeit öffentliches Sprechen und zwischenmenschliche Situationen, wie die Welt berichtet.

Damit reiht sich die Studie in eine größere Debatte über Sprache, Emotion und Selbstkontrolle ein. Ob Fluchen künftig als Werkzeug oder weiterhin als Tabu gilt, dürfte stark vom Kontext abhängen.

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Quellen: dpa, National Geographic, Welt