Ein Bündel interner US-Dokumente entfacht eine Grundsatzdebatte über die ökonomischen Dimensionen eines möglichen Ukraine-Friedens. Aus den Unterlagen geht hervor, dass Washington weitreichende Veränderungen im Verhältnis zu Moskau in Betracht zieht.
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Wie das Wall Street Journal (WSJ) recherchiert hat und n-tv berichtet, könnten die Vorschläge der Trump-Regierung Russland wieder stärker in globale Wirtschaftsstrukturen einbinden. Die Zeitung beschreibt ein Modell, bei dem wirtschaftliche Zugeständnisse Teil einer breiteren diplomatischen Verständigung werden und damit nicht nur die Ukraine, sondern auch die europäische Energieordnung betreffen würden.
Für europäische Regierungen steht dabei viel auf dem Spiel. Seit Beginn der russischen Invasion verfolgen sie eine Politik, die Abhängigkeiten verringern und Moskaus Einnahmequellen begrenzen soll. Entsprechend groß ist die Sorge, dass US-Initiativen diese Bemühungen verwässern könnten.
Die Pläne werfen zudem ein Licht auf Washingtons Prioritäten. Nach Darstellung des WSJ verbindet die US-Regierung wirtschaftliche Hebel mit geopolitischer Einflussnahme – ein Ansatz, der den bisherigen Kurs westlicher Sanktionen herausfordert.
Streit um Vermögensnutzung
Die Berliner Zeitung berichtet mit Verweis auf WSJ, dass ein Teil der US-Unterlagen auf die Nutzung eingefrorener russischer Staatsmittel abzielt. Demnach sollen US-Finanzakteure große Teile dieser Mittel in Projekte für die Ukraine umlenken. Genannt wird unter anderem ein digitaler Infrastrukturkomplex, dessen Energieversorgung aus der von Russland kontrollierten Anlage in Saporischschja kommen würde.
Während die EU diese Gelder eher als Garantiesumme für langfristige Kredite an Kiew einsetzt, sieht Washington einen investmentgetriebenen Ansatz vor, bei dem private Kapitalgeber die Mittel erhöhen könnten. Ein US-Beamter sagte dem WSJ, wie die Berliner Zeitung berichtet: „Unsere Einschätzung ist, dass wir finanzielles Wachstum wirklich verstehen.“
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Dieser Kursunterschied verschärft eine bereits länger bestehende transatlantische Debatte über den Umgang mit eingefrorenen Vermögenswerten und über Risiken, die aus einer möglichen Reaktivierung russischer Finanzstrukturen entstehen könnten.
Energiepolitische Optionen
Ein weiterer Teil der Unterlagen beschreibt laut WSJ, wie US-Unternehmen in den russischen Rohstoffsektor einsteigen könnten – etwa in arktische Ölfelder oder seltene Erden. WSJ berichtet, solche Kooperationen seien darauf ausgelegt, Russland langfristig wieder in internationale Lieferketten einzubinden.
Mehrere europäische Beamte reagierten skeptisch. Ein Diplomat kommentierte laut WSJ: „Es ist wie in Jalta.“ Der Vergleich verweist auf die Neuordnung von Einflusszonen nach dem Zweiten Weltkrieg und verdeutlicht, wie tiefgreifend die Europäer mögliche Folgen einschätzen.
Aus Moskau hingegen kamen positivere Signale. Reuters zitierte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow mit der Aussage, Russland sei an ausländischen Investitionen interessiert, berichtet n‑tv. Details der Vermögensfrage wolle er jedoch nicht bewerten.
Fortlaufende Verhandlungen
Die Ukraine hat gestern eine überarbeitete Version ihres Friedensvorschlags an Washington übermittelt. Sowohl Kiew als auch europäische Partner verlangen stärkere Sicherheitskomponenten und Garantien, bevor weitere wirtschaftliche Elemente verhandelt werden.
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Der deutsche Regierungssprecher Stefan Kornelius erklärte, wie Berliner Zeitung berichtet, nach AFP, die Gespräche würden „in den kommenden Tagen“ intensiv weitergeführt.
Quellen: AFP, Berliner Zeitung, n-tv, Reuters, WSJ