Was bislang als ungewöhnliches Infrastrukturprojekt galt, ist nun Teil des täglichen Berufsverkehrs. Im Süden von Paris hat ein Verkehrsmittel den Betrieb aufgenommen, das eher aus Bergregionen bekannt ist. Für viele Bewohner beginnt damit ein neues Kapitel im Pendelalltag.
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Für Anwohner mehrerer Städte im Val-de-Marne südlich von Paris zählt vor allem eines: Zeitgewinn. Pendler in Richtung Créteil erreichen die pariser U-Bahn nun in rund 18 Minuten; mit Bus oder Auto lag die Fahrzeit zuvor bei etwa 40 Minuten..
Statt sich durch dichten Straßenverkehr zu bewegen, geht es schwebend über Hindernisse hinweg, wie CNews berichtet.
Die neue Verbindung richtet sich gezielt an Viertel ohne direkten Anschluss an Metro, Schnellbahn oder Straßenbahn. In der Verkehrsplanung gilt die Linie als Ergänzung zu Metro und Bus, nicht als Ersatz bestehender Angebote.
Im Alltag bedeutet das: weniger Umstiege, verlässlichere Fahrzeiten und eine neue Routine für tausende Berufspendler.
Daten und dimensionen
Die Strecke der Seilbahn misst 4,5 Kilometer und umfasst fünf Stationen. Für die gesamte Fahrt werden rund 18 Minuten veranschlagt, was im Vergleich zu bisherigen Busverbindungen deutlich kürzer ist.
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Nach Einschätzung des Betreibers könnten täglich bis zu 11.000 Menschen das Angebot nutzen. 105 Kabinen mit jeweils zehn Sitzplätzen sind dafür im Einsatz, wie TF1 Info berichtet.
Die Frankfurter Allgemeine mit Verweis auf dpa ordnet das Projekt europäisch ein: Keine andere urbane Seilbahn auf dem Kontinent ist derzeit länger. Vergleichbare Anlagen in anderen Städten, etwa Toulouse, Barcelona und London, bleiben deutlich unter dieser Distanz.
Wahrnehmung vor ort
CNews und TF1 Info berichteten am Eröffnungstag von großem Andrang und neugierigen Fahrgästen. Viele nutzten die erste Fahrt weniger aus Zeitdruck als aus Interesse.
„Es ist bequem, fast schon ein bisschen touristisch“, sagte ein Passagier im Beitrag von TF1 Info. Ein Kind zeigte sich hingegen zögerlich, als die Kabinen in rund 40 Metern Höhe über Straßen und Gleise hinwegzogen.
Mit dem regulären Betrieb dürfte der Neuheitsfaktor jedoch schnell dem Nutzwert weichen. Da die Seilbahn unabhängig vom Straßenverkehr betrieben wird, kommt es im Alltag vor allem auf einen störungsfreien und kontinuierlichen Betrieb an.
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Infrastruktur statt symbolik
Die Entscheidung für eine Seilbahn war weniger spektakulär als pragmatisch. Klassische Lösungen wie eine Straßenbahn galten als kaum umsetzbar, da mehrere Verkehrsachsen und Naturflächen zu überwinden sind, wie TF1 Info berichtet.
Zudem gäbe es auch wirtschaftliche Gründe: Seilbahnen lassen sich schneller und günstiger errichten als andere schienengebundene Systeme. Statt detaillierter Kostenvergleiche steht nun die Frage im Raum, ob das Modell langfristig überzeugt.
Wie CNews berichtet, wird in der Region bereits über eine weitere Seilbahnlinie nachgedacht. Aussagen über den langfristigen Erfolg lassen sich jedoch erst nach einer längeren Betriebsphase treffen.
Quellen: CNews, dpa, TF1 Info, Frankfurter Allgemeine Zeitung