Quer durch Europa zeigen Datensätze und Klinikzahlen, dass junge Menschen ihren Alkoholkonsum deutlich zurückfahren. Während die Belastung des Gesundheitssystems bei älteren Jahrgängen hoch bleibt, deutet vieles auf einen kulturellen Wandel hin, der Alltag, Freizeit und Nachtleben neu ordnet.
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Laut dem Statistischen Landesamt Baden-Württemberg ist die Zahl der Klinikaufenthalte, bei denen Alkohol die Hauptursache war, zwischen 2019 und 2024 um 22 Prozent gesunken. Besonders deutlich fiel der Rückgang bei Jugendlichen zwischen 13 und 19 Jahren aus: Die Zahl ihrer Behandlungen hat sich nahezu halbiert, wie Die Zeit berichtete.
Parallel dazu weist der OECD-Bericht „Health at a Glance 2025“, über den Euronews berichtete, darauf hin, dass der Pro-Kopf-Konsum in vielen Mitgliedstaaten seit 2013 zurückgeht.
Die Unterschiede innerhalb der EU sind jedoch groß: Sechs Länder liegen unter dem OECD-Durchschnitt von 8,5 Litern reinem Alkohol pro Person im Jahr 2023, allen voran Griechenland mit 6,6 Litern pro Kopf. Die Schweiz liegt mit 8 Litern im Mittelfeld, während Deutschland mit 10,6 Litern und Österreich mit 11,3 Litern deutlich darüber liegen.
Am oberen Ende rangieren Rumänien, Portugal und Lettland, die jeweils mehr als 11,5 Liter reinen Alkohol pro Person und Jahr verzeichnen. Trotz dieser Unterschiede fällt auf, dass insbesondere jüngere Bevölkerungsgruppen vielerorts zum Rückgang beitragen und damit einen längerfristigen Trend verstärken.
Diese Verschiebung verändert auch Erwartungen an Wochenenden und Abende. Fitness, digitale Kommunikation und alkoholfreie Alternativen rücken in vielen Gruppen heute stärker in den Mittelpunkt als spontane Trinkgelage.
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Alltag ohne Rausch
In der Schweiz schildern junge Erwachsene ähnliche Veränderungen. Laut dem Schweizer Fernsehen SRF greifen viele in ihrem Umfeld zu alkoholfreien Getränken oder verzichten ganz. David Keller sagt: „Alkohol macht mich weniger leistungsfähig.“ Für Gina Pelosi stellte sich irgendwann die Frage: „Warum trinke ich eigentlich? Nur weil die anderen trinken?“
Auch ihre Freizeit habe sich dadurch gewandelt: Treffen sind gesellig, aber weniger rauschhaft. Das Umfeld reagiere zunehmend entspannt auf Nüchternheit – sozialer Druck habe stark nachgelassen.
Neue Routinen
Andere ersetzen alte Gewohnheiten komplett. Der 23-jährige Cédric Sane berichtete SRF, er treffe seine Freunde inzwischen häufiger zu Läufen als zu Bierabenden. Sein Kollege Liam Seillier beschreibt es als Teil eines umfassenden Gesundheitsstils: „Wenig Alkohol zu trinken, gehört einfach zu meinem gesunden Lifestyle.“
Während der Pandemie hätten geschlossene Clubs zudem neue Rituale gefördert, etwa abendliche Sporttreffen oder gemeinsame Essensrunden. Für Bars und Clubs ist das laut SRF auch wirtschaftlich spürbar: Eine Umfrage der Zürcher Bar- und Clubkommission ergab, dass der Pro-Kopf-Umsatz zwischen 2018 und 2023 um rund ein Drittel sank.
Risiken bleiben
Obwohl jüngere Altersgruppen seltener trinken, verlagern sich die Probleme. Wie Die Zeit berichtete, dominieren bei Menschen über 40 zunehmend Abhängigkeit, Entzüge und alkoholbedingte Organschäden. Die Kosten pro Krankenhausaufenthalt sind gestiegen.
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Für junge Abstinenzler wie Pelosi bleibt der Verzicht aber selbstverständlich. „Es ist lustig, es fragen mich viele Leute, wie ich Spass habe ohne Alkohol“, sagt sie SRF gegenüber. Ihr sei es wichtiger, Leichtigkeit auf andere Weise zu erleben.
Quellen: Die Zeit, Euronews, SRF