Die großen Displays galten lange als Symbol des Fortschritts. Doch nun kommt der Impuls zur Umkehr nicht aus Designstudios, sondern aus der Sicherheitsprüfung. Auslöser ist weniger Nostalgie als eine nüchterne Neubewertung von Risiko und Nutzen.
Euro NCAP, das wichtigste europäische Neuwagen-Bewertungsprogramm, verschärft seine Kriterien. Ab 2026 ist die Höchstwertung nur noch erreichbar, wenn zentrale Fahrzeugfunktionen über physische Bedienelemente verfügen. Dazu zählen unter anderem Blinker, Hupe, Scheibenwischer, Schaltung und die E-Call-Funktion.
Wie der ORF berichtet, hat diese Entscheidung Gewicht, weil die Bewertung von Herstellern gezielt im Marketing genutzt wird. Entsprechend schnell folgten Reaktionen: Mehrere große Marken kündigten an, wieder stärker auf klassische Tasten zu setzen.
Digitale Überfrachtung
Die neuen Regeln sind eine Antwort auf eine Entwicklung, die sich über Jahre aufgebaut hat. Touchscreens verdrängten Schalter fast vollständig, Funktionen wanderten in verschachtelte Menüs. Was aufgeräumt wirkt, erfordert im Alltag oft zusätzliche Aufmerksamkeit.
Fachleute weisen seit Langem darauf hin, dass diese Form der Bedienung Fahrerinnen und Fahrer stärker beansprucht. Der ÖAMTC-Techniker Daniel Deimel erklärt gegenüber dem ORF, dass fehlendes haptisches Feedback die Orientierung erschwere und den Blick vom Verkehr abziehe.
Studien und Befunde
Mehrere europäische Automobilclubs und Medien kamen zu ähnlichen Ergebnissen. Tests und Simulatorstudien zeigen, dass digitale Infotainmentsysteme die Reaktionsfähigkeit deutlich beeinträchtigen können.
Der deutsche Autofahrerclub ADAC warnte bereits 2022, dass selbst grundlegende Funktionen über Touchscreens zu riskanten Ablenkungen führen können.
Auch internationale Untersuchungen, auf die Blick verweist, belegen lange Blickabwendungen von der Straße. Besonders bei höherem Tempo summiert sich dies zu sicherheitsrelevanten Distanzen.
Korrektur statt Rückschritt
Trotz der neuen Vorgaben bedeutet das Umdenken nicht weniger Technik. Euro NCAP honoriert weiterhin Assistenzsysteme, etwa zur Überwachung von Aufmerksamkeit und Blickrichtung. Auch Sprachsteuerung bleibt ein zentrales Entwicklungsfeld.
Das wachsende Interesse an Knöpfen zeigt vielmehr eine Verschiebung der Prioritäten. Komfort und Sicherheit werden wieder stärker über intuitive Bedienung definiert – nicht allein über Bildschirmgröße und Softwarevielfalt.
Quellen: Blick, ORF