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Gegen alle Erwartungen: Deutsche Ingenieurin schreibt Raumfahrtgeschichte

Blue origin Jeff Bezos
NASA Flight Opportunities / Shutterstock

Weltraumtourismus gilt vielen als Luxusprojekt für wenige. Umweltfragen, Kosten und fehlender wissenschaftlicher Nutzen dominieren die Diskussion. Doch ein Flug kurz vor Weihnachten lenkte den Blick auf eine andere Dimension der Raumfahrt.

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Im Mittelpunkt stand nicht die Rakete, sondern eine Ingenieurin aus Deutschland. Ihre Teilnahme stellte vertraute Annahmen über Grenzen und Zugang zum All infrage.

Streit um Sinn

Blue Origin schickt seit Jahren zahlende Gäste auf suborbitale Flüge. Kritiker bemängeln laut dem Bayerischen Rundfunk (BR) den elitären Charakter, die Klimabelastung und den begrenzten Erkenntnisgewinn dieser Reisen.

Auch die Mission New Shepard NS-37 folgte diesem umstrittenen Modell. Der Flug dauerte rund elf Minuten und führte die sechs Insassen auf etwa 100 Kilometer Höhe.

Gleichzeitig verschob diese Mission den Fokus. Denn erstmals reiste eine querschnittsgelähmte Person mit ins All.

Eine neue Perspektive

Michaela Benthaus ist 33 Jahre alt, studierte an der Technischen Universität München und arbeitet als Ingenieurin bei der Europäischen Raumfahrtagentur ESA. Nach Angaben der International Business Times (IBT) forscht sie zu Steuerungs- und Navigationssystemen von Raumfahrzeugen.

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Blue Origin bestätigte, dass Benthaus die erste Rollstuhlfahrerin im All ist. Das Unternehmen verwies auf technische Anpassungen wie barrierefreien Zugang zur Startanlage.

Damit wurde aus einem touristischen Flug ein Symbol für Zugänglichkeit in einem traditionell exklusiven Bereich.

Bruch im Lebenslauf

Dieser Moment steht im starken Kontrast zu einem Ereignis Jahre zuvor. 2018 erlitt Benthaus bei einem Mountainbike-Unfall in Österreich eine schwere Rückenmarksverletzung, berichtet die IBT unter Verweis auf den Houston Chronicle.

Sport hatte zuvor ihr Leben geprägt. Der Gedanke an Raumfahrt schien nach dem Unfall unrealistisch. In einem Interview mit CNN sagte sie: „Ich wollte schon immer ins All, aber ich habe es nie wirklich als etwas betrachtet, das ich tatsächlich tun könnte … Vielleicht ist eine Rückenmarksverletzung einfach eine zu große Behinderung.“

Der Traum blieb, auch wenn er lange unerreichbar schien.

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Einladung mit Wirkung

Erst eine persönliche Anfrage änderte das Bild. Hans Koenigsmann, früherer SpaceX-Manager und selbst Teil der Crew, lud Benthaus zur Mission NS-37 ein, wie die IBT berichtet. Benthaus sagte zu.

Nach der Landung schilderte sie ihre Eindrücke begeistert: „Ehrlich, das war die coolste Erfahrung aller Zeiten“, sagte Benthaus laut dem BR unter Verweis auf dpa. „Ich denke, man soll seine Träume nie aufgeben. Es gibt manchmal die kleine Chance, dass sie wahr werden.“

Eine offene Frage

Nach Darstellung von Blue Origin steht die Mission für mehr Vielfalt und Zugänglichkeit. Die grundsätzliche Kritik am Weltraumtourismus, etwa an Umweltfolgen und begrenztem Erkenntnisgewinn, bleibt bestehen.

Benthaus’ Teilnahme verschiebt dennoch den Blick. Ihr Flug beantwortet nicht die Frage nach dem Sinn des Weltraumtourismus – aber er verändert die Vorstellung davon, wer Teil davon sein kann.

Quellen: BR, CNN, dpa, IBT, Houston Chronicle

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